Das norddeutsche Dirndlexperiment
Es ist Wiesenzeit, ja und? Mir als Nordlicht erschließt sich der Zauber eines seit 1810 immer und immer wieder zelebrierten Hochzeitsfests nicht ganz. Da packt halb Bayern und extra angereiste Touristen aller Couleur ihre „Tracht“ aus und schunkelt sich bierselig über die Theresienwiese. Wenn man sich so umsieht muss aber doch was dran sein. Selbst in Hamburgs Einkaufsstraßen kann man derzeit massenweise Dirndl und Lederhosen erstehen. Das nenne ich Völkerverständigung! Nur, wo trägt man dann das gute Stück? Welcher Anlass findet sich jenseits des Weißwurstäquators? Egal, dann muss man sich eben selbst welche schaffen, denn auch ich als Nordmädchen bin dem Scharm des Kleides mit Schürze erlegen.
Also habe ich das Großprojekt gestartet: Dirndl für meine kleine Maus und mich. Es sollte aber auf jeden Fall ein Waschdirndl sein (wie das Wort schon sagt: waschbar, und das ist bei einer fünfjährigen Trumpf!). Eigentlich sind diese Dirndl für den Alltag und einfach gehalten, aber ich wollte mich handwerklich schon austoben. So habe ich ein bisschen gemogelt und die Baumwolle recht aufwendig verarbeitet. Die Röcke habe ich mit der Hand gestiftelt (wir nicht Bayern dürfen hier aber auch vom „Smoken“ oder „Ziehen“ sprechen). Die am Oberteil verarbeitete Borte ist eine Muschelrüsche, die ich aus Schrägstreifen angefertigt habe. Dieser Eifer hat viel Stoff und Zeit gekostet. Das Stoffproblem habe ich mit Hilfe eines schwedischen Möbelriesen gelöst. Dort konnte ich die über zehn Meter benötigtem Stoff in guter Qualität und zu einem günstigen Preis erwerben.
Meine kleine Maus war aufgrund ihrer Schwerhörigkeit in einem Internat untergebracht. Sechs lange Monate war sie nur am Wochenende bei uns. Gegen den Trennungsschmerz habe ich dieses kleine Projekt gestartet. Warum aber ausgerechnet Dirndl? Ganz einfach, meine Tochter ist auch ein Opfer der Kleidchen mit der Schürze und wollte unbedingt für sich und Mama das gleiche Dirndl haben. Als die sechs Monate endlich um waren, und wir sie nach Hause holen durften, hatten wir beide unsere Dirndl an. Wenn das kein Anlass für ein schönes Gewand ist!
Das Dirndl und die Bluse meiner Tochter sind ohne ein Schnittmuster genäht, weil wir das gleiche Kleid haben wollten.
Mein Kleid ist aus einem Buch über Landmode von etwa 1955. Der Schnitt war ursprünglich Größe 40 und ist in Größe 34 „nachgebaut“ worden.
Das letzte Bild zeigt die Schnitte, die ich für die Dirndloberteile aus Stoffresten gemacht habe.
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Letzte Kommentare
Kommentar von Manuela Romberg ⋅
Sauber..sagt der Bayer!
Antwort von Michala Gohlke
Danke sagt, das Nordlicht.